Geschichte von Siemensstadt
Unsere Praxis wurde vor 65 Jahren von Frau Dr. Orlich kurz nach Fertigstellung der Siemenswohnsiedlung gegründet.
Die Praxis galt als erste Hausarztpraxis im prosperierenden Siemensstadt der 30iger Jahre. Frau Dr. Orlich ist auch heute noch vielen unserer Patienten als Geburtshelferin und "guter Geist von Siemensstadt" bekannt.
Im Jahre 1994 hat Herr Andreas Jung die Praxis übernommen und diese als Hausarztpraxis weitergeführt bis 1999 Frau Dr. Petra Kossmann als Hautärztin und Allergologin hinzugetreten ist.
Entwicklung der Siemensstadt
Die Siemensstadt, aus einer nahezu 100 Jahre zurückliegenden industriellen Standortbildung hervorgegangen, stellt sich heute als ein lebendiges, vielschichtiges städtisches Gefüge dar. Grundriss und Aufriss sind noch immer bestimmt von den ausgedehnten Werksanlagen mit ihren signifikanten Gebäudeformationen. Neben diesen identitätsstiftenden Großarchitekturen, die der Siemensstadt den Stempel des Unverwechselbaren aufgeprägt haben, sind es aber vor allem auch die Wohnbauten, welche ihre strukturelle Qualität ausmachen. Ihr Anteil an der Gesamtüberbauung stand von Beginn an in einem angemessenen Grundverhältnis zur Funktion des Arbeitens und schaffte jene Nutzungsbalance, die verbunden mit einer alle wesentlichen Belange des städtischen Lebens abdeckenden Infrastruktur - Voraussetzung war, damit eine gewisse Urbanität entstehen konnte.
Bereits 1899 planten Siemens & Halske in unmittelbarer Nachbarschaft zu ihrem neuen Werk den Bau von ca. 50 Wohngebäuden. Ein Bauherr - die "Märkische Bodengesellschaft" - war bald gefunden. Der Baubeginn aber verzögerte sich noch bis zum Herbst 1904, da die Stadt Spandau befürchtete, für die neue Kolonie die Erschließungskosten übernehmen zu müssen, und deshalb die Genehmigung verweigerte. Erst als sämtliche Bedenken ausgeräumt waren, konnten die ersten vier Wohnblöcke errichtet werden. So entstanden bis 1906 die noch existenten viergeschossigen Randbebauungen zwischen Ohmstraße, Hefnersteig, Reisstraße, Wehneltsteig und Voltastraße.
Schon drei Jahre später kam es zu den nächsten Bauabschnitten. Dem städtebaulichen Gesamtplan von Karl Janisch für den östlich des Rohrdamms gelegenen Bereich der heutigen Nonnendammallee folgend, entstand zwischen 1909 und 1914 eine Anzahl weiterer Wohnblöcke, nachdem Siemens zuvor über die Märkische Bodengesellschaft die Parzellen hatte veräußern lassen. Die Charlottenburger Baugenossenschaft erwarb die Grundstücke und bebaute sie in schneller Folge. Zunächst wurde das Eckgrundstück Rohrdamm/Nonnendamm nach Plänen des Architekten Johnson bebaut. Auf der Nordseite der boulevardartigen Straße folgte 1911/12 eine trapezförmige Wohnanlage nach Plänen des Architekten Joseph Feldhuber. Die im Zusammenhang mit der Verlegung der Hauptverwaltung von Siemens konzipierte Anlage war dabei in erster Linie auf die Bedürfnisse der Siemensbeamten zugeschnitten. Jede der mehr als 200 Wohneinheiten hat eine Loggia bzw. einen Balkon. Sie sind in der Regel querbelüftet und verfügen über eine Innentoilette. Nahezu zwei Drittel der Wohnungen waren bereits bei Fertigstellung mit einem Badezimmer ausgestattet. Bis 1914 wiesen dann schon sämtliche Blöcke rechts und links der heutigen Nonnendammallee Überbauungen auf, wobei die zum Teil stattlichen Wohngebäude der opulent bemessenen Straße einen großstädtischen Habitus verliehen, der sich westlich des Rohrdamms im "Forum der Arbeit" (Gegenüberstellung von Dynamowerk und Verwaltungsgebäude) mit anderen architektonischen Mitteln fortsetzte.
Der Erste Weltkrieg
Der Erste Weltkrieg bewirkte schließlich für die Siemensstadt eine nachhaltige Zäsur in ihrer Entwicklung. Wie überall kam das Bauen über Jahre faktisch zum Erliegen. Erst zu Beginn der 20er Jahre erhielt der Ausbau der Siemensstadt - vor dem Hintergrund einer veränderten Firmenpolitik - auf dem Sektor des Wohnungsbaues dann einen neuen entscheidenden Schub. Hatte sich Siemens bis dahin darauf beschränkt, im Rahmen der expandierenden Werksanlagen fremde Bauträger durch finanzielle und planerische Unterstützung zu motivieren, hier Wohnungsbau zu betreiben, ergriff man nun selbst die Initiative. Erst jetzt begann für die Firma die Geschichte eines eigenständigen Werkswohnungsbaues. Lange war die Firmenleitung der Meinung, dass preiswerte und gute Wohnungen nicht zuletzt wegen der Baukosten und der Erschließungsmaßnahmen nicht rentabel herstellbar seien. Deshalb wollte man nicht in derartige Unternehmungen investieren, sondern das erwirtschaftete Kapital lieber in die industrielle Entwicklung sowie in die unmittelbare Produktion stecken.
Als sich jedoch nach dem Ersten Weltkrieg das Wohnungsproblem unter den dramatisch veränderten sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen immer drängender stellte, gründete Siemens im Jahre 1919 die Wohnungsgesellschaft Siemensstadt GmbH (seit 1922 Siemens-Wohnungsgesellschaft / SiWoGe), die vom Forstfiskus ein 200.000 qm großes Gelände erwarb, auf dem sie schließlich in den folgenden Jahren bis 1933 die hier wegen ihrer herausragenden baugeschichtlichen Bedeutung verhandelten Siedlungen "Siemensstadt" und "Heimat" errichtete bzw. initiierte. Wegbereiter jener neuen Wohnungspolitik war Carl Friedrich von Siemens, seit er 1919 die Firmenleitung übernommen hatte. Als Mitglied des Groß-Berliner Vereins für Kleinwohnungswesen setzte er sich mit der Problematik des Arbeiterwohnungsbaues auseinander und legte seine Erkenntnisse bereits in der 1917 von diesem Verein veröffentlichten Schrift "Großstadt und Kleinhaus" in einem Beitrag über die Bedeutung der Wohnungsfrage für die Industrie nieder.
Siemens Chefarchitekt Hans Hertlein
Die städtebauliche Gesamtplanung der beiden Siedlungen sowie die Konzipierung der unterschiedlichen Haustypen lag in den Händen des Chefarchitekten von Siemens, Hans Hertlein. der 1956 rückblickend zu Entstehung, Intention und Charakter der Siedlungen ausführte: "Bald nach denn Ersten Weltkrieg begann Siemens mit dem Bau von Siedlungen. (...) So entstanden, zunächst längs des Rohrdamms, Gebäudeblocks und auf Grund eines großzügigen Bebauungsplanes ein Siedlungswerk zwischen diesen Häuserzeilen am Rohrdamm und dem rückwärtigen Gelände, das im Süden und Osten von dem städtischen Dauerwald begrenzt war. Es sollte aber nicht ein auf schematische Art geplantes und lediglich auf Ausnutzung gerichtetes Siedlungsunternehmen entstehen, sondern es sollte ein lebendiges Gebilde zum Wachsen kommen, wobei ein lockeres Zusammenwirken von Straßen mit höheren dreigeschossigen Wohnbauten und solchen mit nur ein- oder zweigeschossigen Gebäuden angestrebt wurde; teilweise mit einem gemütlichen, mehr dorfartigen Charakter. (...) Im weiteren Zug der Entwicklung - inzwischen war eine großzügige Werkserweiterung entstanden (...) - wuchs auch das Bedürfnis nach weiteren Wohnbauten; und da das Gelände nördlich des Dauerwaldes inzwischen aufgeteilt und (...) bebaut war, ging man daran, das Gelände südlich des Dauerwaldes (...) einer Bebauung zuzuführen. Dies Gelände war schon näher an den mehr städtischen Teil von Siemensstadt herangerückt und konnte deshalb mit höheren dreigeschossigen Häusern bebaut werden. Um aber diesem neu entstandenen Stadtteil einen charakteristischen Ausdruck zu geben, benutzte ich die örtliche Gegebenheit des ungleichen Verlaufes des Schuckertdammes und der Goebelstraße (...) dazu, die Verbindungs- bzw. Querstraßen mit einer leichten Krümmung zu versehen. (...)"
Obschon es noch in den 30er Jahren und dann verstärkt in der Folge des Zweiten Weltkrieges zu beträchtlichen Aktivitäten der SiWoGe kam, stellen die Siedlungen "Siemensstadt" und "Heimat" ohne Zweifel die herausragendsten Leistungen des Werkswohnungsbaues in Siemensstadt dar. Mit ihren unterschiedlichen städtebaulichen Charakteristika, eingebettet in ein sorgfältig aufgebautes Grün- und Freiflächengefüge, sind sie zu essentiellen Bestandteilen der Siemensstadt geworden. Als identitätsbildende Bereiche stehen sie geradezu exemplarisch für deren hohe Standortqualität.
